Am
Abend des 08.01. (Der Tag unserer Ankunft in der Stationsbucht)
verließen wir also die Bucht aus den beschriebenen Gründen.
Ca. 6 nm nördlich der Stationsbucht sind wir in die Baie Americaine
gefahren (siehe rote Linie auf der Karte unten). Wir gingen vor
Anker und übernachteten in der ruhigen Bucht. In der Nacht hörte
man vom Ufer die Schreie der Pinguine und auch die Geräusche von
See-Elefanten. Am nächsten Tag wollten wir an den Strand fahren
und uns die Tiere aus der Nähe ansehen, doch die Geschehnisse sollten
sich überschlagen...
Ile de la Possession
(die verschiedenen Farben markieren unterschiedliche Tage)
|
|
Am
Morgen des 09.01. verschlechterte sich das Wetter dramatisch. Es fing
an zu regnen und der Wind frischte auf und dreht auf Richtung E-N-E, also
genau in die Bucht hinein. Wir lagen immer noch vor Anker in der Baie
Americaine. Die Schwell (das vom Wind hereindrückende Wasser erzeugt
Wellen, die Schwell) in der Einfahrt zur Bucht nahm bedrohlich zu und
noch bevor wir die Bucht verlassen konnten erwischte und eine riesige
Welle genau seitlich. Ein unglaublicher Schlag ! Ich war gerade unter
Deck als die Welle einschlug. Alle Sachen in der Küche sind aus den
Regalen geschleudert worden, ein heilloses Durcheinander.
Gerd schaffte es gerade noch, unter vollem Maschineneinsatz aus der Bucht
zu kommen, den Anker hinterher ziehend..! Die Welle erwischte uns ja,
als wir den Anker noch draußen hatten. Die Wucht war so stark, dass
die Ankerführung am Bug komplett zerstört wurde, einfach auseinander
gerissen! Die schwere Ankerkette nun nicht mehr mit Hilfe einer Führungsrolle
zu bergen war eine unbeschreiblich schwere Arbeit, aber irgendwie haben
Dirk und ich es geschafft. Nach 1 Stunde harter Arbeit war der Anker geborgen
und wir beide körperlich ausgelaugt...
Selbst der Anker war um 90 Grad verbogen und wir mussten den Reserveanker
montieren.
Als wir die Baie Americaine verließen, erwartete uns vor der Bucht
heftiger Wind. Dieser steigerte sich sehr rasch auf eine Stärke von
ca. 10 - 11 bf. ! (starker Sturm). An Segeln war bei dieser Stärke
gar nicht zu denken und so fuhren wir unter Maschinen gegen den Uhrzeigersinn
in nördlicher Richtung an der Küste entlang, um auf der Westseite
vor dem Oststurm Schutz zu suchen. (siehe gelbe Linie in der obigen
Karte).
|
|
Auf der
gesamten bisherigen Reise wurden wir ja von Stürmen verschont, aber
nun erwischte es uns richtig heftig ! Die Wellen erreichten sagenhafte
Höhen und das Schiff schaukelte in bisher nie erreichtem Ausmaß
(Bild rechts). Mich überrollte ein Gefühlsmix aus Angst,
Abenteuerlust und Durchhaltewillen. Der Aufenthalt an Deck war wirklich
ungemütlich, bei Temperaturen um die 0 Grad Celsius (!) und Regen
hielt sich jeder nur so lange draußen auf wie nötig. So fuhren
wir unter Maschinen an der Nordküste entlang und erreichten gegen
Mittag die südwestliche Ecke der Insel. Es war klar, dass die rauhe
Westseite der Insel keine Bucht zum Ankern bot und somit blieb nichts
anderes übrig, als an der Küste zu kreuzen (Bild links).
Im Laufe des Tages versuchten wir noch einmal zu der Stationsbucht zu
gelangen, aber als wir die südöstliche Ecke der Insel erreichten
und die Einfahrt zur Bucht erkennen konnten, stand die Schwell dort Meterhoch
und die Wellen brachen sich. An ein Einfahren war nicht zu denken. Auch
vom Transportschiff Marion Dufresne war nichts zu sehen. |
|
|
Gegen
Abend nahm der Wind noch an Stärke zu und erreichte mit 12 bf.
Orkanstärke ! Meine Abenteuerlust wich unausweichlich der Angst
und die Urgewalten der Natur zeigten sich mir in nicht gekannter Stärke.
Aus der Entfernung konnten wir in der Dämmerung dann auch die "Marion-Dufresne"
erblicken. Auch dieses große 100Meter-Schiff musste aufgrund des
Orkans vor der Küste kreuzen und konnte nicht in die Bucht einlaufen.
Die "Brüllenden Vierziger" zeigten nun ihr unbarmherziges
Gesicht. Es wurde dunkel, was die Situation verständlicher Weise
nicht einfacher machte (Bild rechts). Als Orientierung hatten wir
nur noch die Lichter der Station Alfred Faure. Die Wissenschaftler dachten
wohl auch an uns, und ließen die hellen Lichte der großen
Gemeinschaftshauses in der Nacht brennen. Mein Gott, ich wünschte
mich unter diesen Verhältnissen so sehr in die sichere Station dort
oben auf dem Hügel, dennoch war sie unerreichbar...
Der Wind drehte gegen 21.00 Uhr von nordöstlichen Richtungen auf
West und es wurde zunehmend schwieriger, das Schiff in der Nähe der
Insel zu halten. |
|
|
|
Bei desem
Verhältnissen war ein warmer Tee aus der Thermoskanne eine willkommene
Wohltat und ich konnte mich kurz ein wenig aufwärmen (Bild links).
In der Nacht zum 10.01 konnten wir das Schiff nicht mehr an der
Ile de la Possession halten und trieben Richtung Osten ab. In ca. 7 nm
Entfernung liegt die östlichste Insel der Crozet-Gruppe, die Ile
de l`Est. Noch in der Nacht erreichten wir die unwirkliche Insel und fuhren
unter Maschinen entlang der Küste, auf der Suche nach einer geschützten
Stelle (siehe die gelbe Linie auf der Karte unten).
Wir fuhren um die östliche Seite der Insel, aber es war nirgends
eine Stelle zu finden, an der der Orkan nicht wütete. So musste Gerd
das Schiff die ganze Nacht hindurch im Dunkeln an der Küste entlang
steuern. An Schlaf war überhaupt nicht zu denken, zum einen, weil
wir natürlich alle unter enormen Stress standen, zum anderen ist
es auch viel zu laut gewesen, denn die Wellen schlugen unbarmherzig gegen
unser Schiff. Es krachte, als ob jemand mit einem Vorschlaghammer gegen
die Wände hämmerte. Im Morgengrauen des 10.01. fanden
wir an der Nordseite der Ile de l`Est eine Bucht, die uns wenigstens etwas
Schutz bot, doch die enormen Fallwinde von den steil abfallenden Hängen
machten ein Ankern unmöglich. So mussten wir auch am 10.01 den
ganzen Tag über an der Nordostseite der Ile de l`Est kreuzen
(siehe dunkelgrüne Linie auf der Karte unten). Der Orkan ließ
nicht nach und es stand wieder eine Sturmnacht bevor. |
Die Ile de l`Est
(die verschiedenen Farben
markieren unterschiedliche Tage)
|
|
Im
Morgengrauen des 11.01. ließ der Wind endlich ein wenig
nach (10 bf.). In der Bucht an der Nordseite der Ile de l`Est konnten
wir einige Stunden ankern. Gerd hatte die ganze Zeit ja auch nicht geschlafen
und legte sich für ein paar Stunden hin. Das Bild, wie er aussah,
als er wieder aus seinem Steven kam möchte ich hier gar nicht beschreiben...
Wir planten, nun aus dem Windschatten heraus zu fahren und wieder zurück
zur Ile de la Possesseion zu gelangen, um dort ein Lebenszeichen von
uns abzugeben und einen Ankerplatz zu suchen, um uns von den enormen
Strapazen zu erholen. Aufgrund der zerstörten Ankerführung
wurde das Ankerbergen wieder zu einer Tortur. Meine Hände waren
danach kaum mehr zu gebrauchen und schmerzten (Bild links). Das
linke Bild zeigt Dirk, wie er am Morgen des 11.01 den Sposmoker vor
der Ile de l`Est steuert.
|
|
|
|
Der Orkan
hatte zwar nachgelassen, aber von den Hängen der Ile de l`Est erwischten
uns immer wieder starke Fallwinde (Bild links). Zu allem Übel
fiel unsere Steuerbordmaschine auch noch aus. Wir hatten somit nur noch
eine Maschine zum Navigieren. Die Sturmfock wurde aufgezogen und wir versuchten
die Ile de la Possession zu erreichen. Nach vier vergeblichen Versuchen
gelang beim fünften Mal der Anlauf und wir kreuzten 4 Stunden gegen
den immer noch sehr starken Wind in Richtung West (siehe orangene Linie
in der Karte "Ile de l`Est" oben).
Als wir nach der Überfahrt am Nachmittag des 11.01. die Einfahrt
die Stationsbuch erblicken konnten, standen wir vor der nächsten
Herausforderung... |
|
|