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Kapitel 7

Ankunft auf Kerguelen(Seite 1)

weiter Ankunft Kerguelen Seite 2

 

19.01.2003
In der Nacht frischte der Wind weiter auf und bei Stärken um die 8 bf. segelte der Sposmoker mit fast 10 kn längs der Südküste. Bei klarem Wetter hätten wir schon am Vorabend die Insel erkennen können, doch es herrschte immer noch Nebel und es regnete. Da ich während meiner Wache die erste Sichtung vermutete stand ich schon um 3.00 Uhr auf und fragte Dirk, der gerade Wache hatte, ob er die Inseln schon zu Gesicht bekommen hatte. "Nee, nix da..", lautete die Antwort und meine Chancen wuchsen, die Insel als Erster zu sehen. Um 3.50 Uhr stand ich bereit zur Wache an Deck und hielt gespannt Ausschau über den Backbordsteven.

Um 3.55 Uhr ging ich noch einmal nach unten um mir für die anstehende Wache noch ein bischen Wärme in Form von heißem Tee zu gönnen, als Dirk plötzlich schrie: "LAND IN SICHT!!!". Mist, blöder Tee..., ich hatte die Chance verpasst.
Dirk sah um 3.57 Uhr am 19.01.2003 als Erster von uns die hinter dickem Nebel auftauchenden Umrisse der wilden Südküste Kerguelens.

Ein Blick auf meine Karte verriet uns den genauen Standpunkt: Wir sichteten die sog.: "Les trois swaines" (Die 3 Schwäne), eine auffällige Felsformation von drei nebeneinander stehenden Felsnadeln an der Südküste Kerguelens (Bild unten links).
Auch Karl-Heinz kam nun nach Oben (Gerd war sowieso oben..). Wir schauten alle gebannt auf die düstere Küste. Wer den "Herrn der Ringe" kennt, die hohen Felsen und Zinnen erinnerten mich augeblicklich an die düstere Gegend von Mordor...
In diesem Moment wurde mir klar, was wir bis hierhin erreicht hatten. Die Kerguelen liegen tatsächlich direkt vor mir. So habe ich mir die Küste vorgestellt, schließlich habe ich schon jede Menge Bilder der Inseln gesammelt und konnte mir somit schon vorher ein Bild von dem machen, was uns erwartete. Selbst aber vor Ort zu sein erschien mir fast irreal. Der Kerguelen sind da ... und ich auch !


Ich übernahm pünklich meine Wache und steuerte den Sposmoker in Sichtweite der Küste Richtung Ost. Ich gestehe, dass ich mehr zur Seite geschaut habe als nach Vorne und als nach ca. 40 Minuten Gerd wieder mal nach dem Rechten schaute, bekam ich gleich zu hören: "Hey Micha, du fährst doch viel zu schnell !!, Merkst du das denn nicht ?!". Gerd hatte unter Deck am GPS 14 kn abgelesen. Ich habe es wirklich nicht wahrgenommen, aber das Segeln machte mir noch nie so viel Spaß wie in diesem Moment.Gegen 6.00 Uhr morgens brach dann sogar der Himmel auf und die Morgensonne erhellte die vorher düstere Szenerie (Bild rechts). Mit der aufgehenden Sonne kam aber auch der Wind, der sich wieder auf über 10 bf. steigert. Da die Wellen von Achtern (hinten..) kamen hielt sich das Schiff aber wacker und das Segeln machte mir wirklich Spaß ! Ich steuerte den Sposmoker bis zum Cap Challenger an der südöstlichen Ecke der Kerguelen, dann übernahm Gerd das Ruder.


Der starke Wind spielte mit den Wolken. Innerhalb von 10 Minuten wechselte das Wetter von Starkregen zu Sonnenschein und umgekehrt (Bild links). Der Nebel löste sich zum Glück vollständig auf und ich konnte die Küste genauer erkennen. Über den mächtigen Auswaschungen in den steilen Wänden stürzten kleine Bäche in Richtung Meer und wurden vom Wind gleich wieder nach Oben getragen (Bild rechts). Um 8 Uhr erreichten wir die Einfahrt in den "Golf du Morbihan" an dessen nordöstlicher Seite die Station "Port aux Francais" liegt. Je näher wir der Station kamen, desto klarer wurde, dass wir ohne Maschinen ein schwieriges Ankermanöver unter Segeln bewältigen mussten. Ca. 1,5 nm vor der Station durchfuhr Gerd unter Segel ein riesiges Kelpfeld an einer schmalen Stelle. Um ein Haar wären wir darin stecken geblieben, dann hätte es schlecht für uns ausgesehen, aber mit viel Glück schafften wir die Querung.


In der Nähe der Station erblickten wir in der kleinen Bucht vor der Station 2 Ankertonnen, die sicheren Halt für das Schiff versprachen. Aber wie dort hinkommen ohne Maschinen ?? Gerd steuerte das Schiff mitten in ein kleines Kelpfeld in der Einfahrt zur Bucht. "Anker raus", ertönte sein Kommando. Ich warf den Anker mit der Gewissheit, dass er sowieso nicht halten würde, in dem Kelp. So geschah es auch. Wir drifteten langsam aber stetig in Richtung Küste, zwischen uns und der Küste nur die zwei Ankertonnen. Nun war Eile geboten ! Superschnell das Beiboot klargemacht, den Außenborder angeschraubt und eine Leine klargemacht. Dirk und ich waren kaum im Beiboot, da erreichte das Schiff auch schon die Ankertonne und in letzter Sekunde konnten wir die erste Halteleine an der Tonne festmachen. Geschafft !!, für`s Erste sind wir sicher ! Um weiteren Halt zu bekommen brachten Dirk und ich noch zwei weitere Leinen zur Ankertonne und machten somit das Schiff fest. Als letztes wollten wir noch den Anker von der Kette lösen und die Ankerkette zur Haltetonne ausbringen, aber der auffrischende Wind erlaubte es uns nicht mehr, mit dem Beiboot zur Tonne zu gelangen. Diese Aktion war mir und Dirk dann eindeutig zu gefährlich und wir mussten es bei den drei Leinen belassen. Das wir beide bei diesem Manöver wieder total durchnässt worden sind versteht sich von selbst.
Da waren wir nun, lagen an der Ankertonne keine 150 m vom Ufer der Kerguelen entfernt und konnten doch nicht Anlanden, da der Wellengang für das kleine Beiboot zu hoch war (Bild unten). So verbrachten wir die Zeit, ohne dass wir per Funk Kontakt zur Insel aufnehmen konnten und warteten darauf, dass sich der Wind legen würde. Zwar waren während unserem Festmachmanöver zwei Wissenschaftler am Ufer, aber wir konnten uns ja nicht verständigen. In meinen komplett durchnässten Sachen saß ich unter Deck und begann fürchterlich zu frieren. Gegen 18.00 Uhr legte ich mich zum Aufwärmen kurz in meinen trockenen Schlafsack.

Die Dämmerung brach ein und um 20.30 Uhr holte mich Dirk mit schlechten Nachrichten aus meinem halbwegs warmen Schlafsack.
"Der scheiß Wind wird immer stärker...!", bekam ich von ihm zu hören...